Ein komisches Gefühl nach langer Zeit diesen Weg zum Eingang des Kulturpalast Unterwellenborn zu beschreiten. Oder eher zu stolpern, denn die Natur hat sich die Umgebung um das Gemäuer zu eigen gemacht.

Extra für diesen Tag wurden ein paar Bäumchen, die durch die Gehwegplatten wuchsen, abgesägt und die Wurzel mit weißer Farbe besprüht. Eigentlich sinnlos, denn wer vor diesem eindrucksvollen Bauwerk steht, sieht nicht nach unten.

So erging es mir auch, trotz 32 Grad Hitze betrete ich mit Gänsehaut den Vorplatz und vor meinem inneren Auge hüpft hier die kleine Yvonne mit ihrem Turnbeutel fröhlich zum Ballettunterricht.

Jetzt bloß nicht sentimental werden, da vorne steht der Landrat und viele Menschen im Anzug die wichtig aussehen.

Die riesige Tür lässt sich nur schwer aufziehen und sofort kommt ein eisiger Luftzug von innen, es riecht nach nassen Gemäuer, modrig, aber nicht schlimm, halt wie in einem Museum. Die modernen Stehtische und das Buffet im Foyer sehen aus wie Farbkleckse auf einer grauen Leinwand.

Halt! Diese Leinwand ist nicht grau, sie ist wunderschön! Erhaben wandeln die Treppen rechts und links in die oberen Etagen und ich sehe wieder die kleine Yvonne mit ihren Freundinnen lachend diese Treppen hinunterspringen.

Der Boden wurde extra für diesen wichtigen Tag sauber gekehrt und als ob der Palast weiß, dass es heute um seine Zukunft geht, drängen Sonnenstrahlen durch die blind gewordenen Fenster. Als zeigten sie mahnend auf die Räume, in denen einst unsere Eltern und Großeltern glückliche Stunden verbrachten, um zu sagen: Vergesst uns nicht!

Heute, am Samstag, den 10.08.2024, treffen sich verschiedene Menschen auf Einladung der Thüringer Staatskanzlei hier im Kulturpalast, um einen Blick in die Zukunft zu werfen ohne einen Blick zurück, Verletzungen und Vorwürfe für diesen Tag zu vergessen, um Visionen hervorzubringen, die dennoch keine bleiben müssen.

An 4 Thementischen wird vor Ideen nur so gesprudelt, wir dürfen spinnen, sagt der Vorredner und das tun wir auch.

Vom Festival für Kunstliebhaber, Erholungsort mit Chalets, Theater, Kino, Erlebnisgastronomie, Ausbildungsstätte für Musicalsänger, eine Bimmelbahn vom Bahnhof bis zum KuPa (nein, sie wurde dekorativ Parkbahn genannt), alles und noch viel mehr, kam aus den Köpfen auf Papier.

Am Tisch „Flächennutzungsplan“ wurde das Areal gestaltet, am Tisch „Starke Partner“ nach möglichen Investoren gesucht.

Tisch 3 holt zurück auf den Boden der Realität. Zerstörung durch Vandalismus und Verfall verletzen das Gebäude, die Bau- und denkmalschutzrechtlichen Auflagen sind hoch. Herausforderungen, die nicht zu überwinden sind, gibt es dennoch nicht.

Doch, es gibt eine Sache, die alle Hoffnungen, die diese Menschen heute hier zusammengeführt hat, platzen lassen könnte.

Der Kulturpalast ist in Privatbesitz. Und nur einer bestimmt, was hier passiert oder nicht mehr passiert. Der Eigentümer.

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Kulturpalast Unterwellenborn – Workshop vom 10.08.2024